Viele Menstruierende kennen es: Mal fühlt man sich energiegeladen, motiviert und kraftvoll, mal eher zurückgezogen und schlapp. Diese Schwankungen hängen eng mit den natürlichen Phasen des Menstruationszyklus zusammen und wirken sich auch auf Deine sportliche Leistungsfähigkeit aus.
Genau hier setzt das zyklusbasierte Training an: Indem Du Deine Bewegungseinheiten an die jeweilige Zyklusphase anpasst, sollst Du nicht nur effektiver trainieren, sondern auch Dein Körperbewusstsein stärken und Dein allgemeines Wohlbefinden steigern können. Doch funktioniert das wirklich?
Inhalt
- Woher stammt die Idee des zyklusbasierten Trainings?
- Die Zyklusphasen und ihr Einfluss auf Körper & Psyche
- Zyklusbasiertes Training: Welche Sportarten eignen sich für welche Zyklusphase?
- Die wichtigsten Vorteile des zyklusbasierten Trainings
- Studienlage – Zyklusbasiertes Training in der Forschung
- Fazit
Woher stammt die Idee des zyklusbasierten Trainings?
Obwohl es naheliegt, dass die Zyklusphasen sich auch auf die sportliche Leistungsfähigkeit auswirken, findet das Thema erst seit wenigen Jahren Platz im öffentlichen Diskurs. Denn lange Zeit war der Standard in der Sportwissenschaft am männlichen Körper orientiert. Der weibliche Hormonhaushalt gilt hingegen bis heute oft noch als Tabuthema und Zyklusschwankungen als unberechenbar und zu „kompliziert“.
Erst in den letzten Jahren rückt der weibliche Hormonhaushalt mehr in den Fokus. Die Idee des zyklusbasierten Trainings entwickelte sich aus dem im Profisport heraus. TrainerInnen im Leistungssport sowie SportmedizinerInnen begannen zu beobachten, dass menstruierende Athletinnen zu unterschiedlichen Zeiten im Zyklus unterschiedlich gut performen und das nicht aufgrund mangelnder Disziplin, sondern wegen hormonell bedingter Veränderungen in Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Regeneration.
Zyklusbasiertes Training will dieses Wissen nicht als Einschränkung verstehen, sondern als Ressource: Der Körper gibt den Takt vor – das Training folgt ihm. Heute beginnen mehr und mehr Spitzensportlerinnen, ihr Trainingsprogramm nach ihrem Zyklus auszurichten. Doch auch für HobbysportlerInnen kann sich dieser Schritt lohnen.
Die Zyklusphasen und ihr Einfluss auf Körper & Psyche
Der Menstruationszyklus dauert im Durchschnitt 28 Tage und wird in vier Phasen unterteilt. Jede Phase bringt hormonelle Veränderungen mit sich, die sich auch auf Deine sportliche Leistungsfähigkeit auswirken können. Der weibliche Zyklus lässt sich sehr gut mit den 4 Jahreszeiten vergleichen:
1. Phase: Menstruation (Tag 1–5) – Der Winter
Die Periode markiert den Beginn des Zyklus. Östrogen- und Progesteronspiegel sind niedrig, die Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen. Wie im Winter zieht sich alles ein wenig zurück – und doch liegt ein Neuanfang in der Luft.
Einfluss auf den Körper:
- Energielevel oft niedrig
- Wärmeempfinden reduziert
- Schmerzempfindlichkeit kann erhöht sein
- Viele fühlen sich müde, zurückgezogen und leiden oftmals unter Unterleibskrämpfen
2. Phase: Follikelphase (Tag 6–13) – Der Frühling
Der Östrogenspiegel steigt und der Körper produziert die Eizelle, die später befruchtet werden soll. In dieser Phase ist alles auf die Partnersuche ausgelegt. Wie im Frühling erwacht alles zu neuem Leben. Mit dem Östrogen nimmt auch die Energie zu.
Einfluss auf den Körper:
- Steigende Kraft und Ausdauer
- Gesteigerte Motivation, Offenheit, Kreativität & Risikobereitschaft
- Schnellere Regeneration möglich
- Durch gesteigertes Östrogen reagiert der Körper stärker auf Trainingsreize
3. Phase: Ovulation/ Eisprung (um Tag 14) – Der Sommer
Östrogen und Testosteron erreichen ihren Höhepunkt. Du fühlst Dich oft besonders stark, schön, klar und präsent – wie im Hochsommer.
Einfluss auf den Körper:
- Maximale Power
- Gute Koordination
- Hohes Selbstvertrauen & Kommunikationsfreude
4. Phase: Lutealphase (Tag 14–28) – Der Herbst
Der Körper versteht, dass er nicht schwanger ist. Wie im Herbst ziehen sich die Energien langsam zurück. Der Progesteronspiegel steigt, was Körper und Geist in einen ruhigeren, empfindlicheren Zustand versetzen kann. Stimmungsschwankungen, ein erhöhtes Ruhebedürfnis und typische PMS-Symptome sind jetzt keine Seltenheit.
Einfluss auf den Körper:
- Sinkende Belastbarkeit
- Stimmungsschwankungen
- Höheres Ruhebedürfnis
- Empfindlichkeit für Übertraining
BEACHTE: Der hormonelle Einfluss des Zyklus ist individuell. Daher fallen auch die Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit individuell aus. Beobachte Deinen Körper in jeder Phase ganz genau und wie es Dir dabei geht.
Zyklusbasiertes Training: Welche Sportarten eignen sich für welche Zyklusphase?
Menstruation
Zu Beginn des Zyklus befinden sich sowohl Östrogen als auch Progesteron auf einem Tiefstand. Viele Menstruierende fühlen sich erschöpft, frieren schneller und reagieren empfindlicher auf Schmerz. Gleichzeitig kann leichte Bewegung helfen, Krämpfe zu lindern und den Kreislauf in Schwung zu bringen.
Empfohlen:
- Sanfte Bewegung wie Yin Yoga, Pilates, Schwimmen, lockeres Radfahren, Spazierengehen
- Leichtes Ausdauertraining
Vermeide:
- Hochintensives Intervalltraining (HIIT)
- Schweres Krafttraining
- Sportarten mit starken Erschütterungen (z. B. Sprints, Boxen)
Achtung: Intensives Training zu dieser Phase kann den Hormonhaushalt durcheinander bringen, Menstruationsbeschwerden verstärken oder sogar für ein Ausbleiben der Periode sorgen.
Follikelphase
Der steigende Östrogenspiegel sorgt für mehr Energie, mentale Klarheit und ein höheres Schmerzempfinden. Die Regenerationsfähigkeit ist jetzt besonders gut, und der Körper kann effizient Muskulatur aufbauen.
Empfohlen:
- Krafttraining (ideal für Muskelaufbau)
- Cardio-Einheiten, HIIT, neue Sportarten ausprobieren
- Training mit höheren Gewichten oder intensiveren Intervallen
Jetzt ist die Zeit für: Leistungssteigerung, persönliche Bestzeiten, anspruchsvolle Workouts
Achtung – erhöhtes Verletzungsrisiko: Östrogen wirkt gewebeauflockernd und beeinflusst die Kollagensynthese. Dadurch kann es in dieser Phase zu einer Instabilität in Gelenken und Bändern kommen. Sprunggelenke und Knie sind häufiger betroffen.
Eisprung
Rund um den Eisprung erreichen Östrogen und Testosteron ihren Höhepunkt. Viele Frauen fühlen sich stark, motiviert und körperlich leistungsfähig.
Empfohlen:
- Intensives Krafttraining, Ausdauereinheiten, HIIT, Tanzen, Gruppensportarten
- Sportarten mit Koordinations- und Schnelligkeitsanforderungen
Achtung – erhöhtes Verletzungsrisiko: Durch die hormonelle Auflockerung von Bändern (besonders durch Östrogen) ist das Risiko für Bänderdehnungen, Zerrungen oder Kreuzbandverletzungen jetzt am höchsten – insbesondere in Knie- und Sprunggelenken. Achte auf gutes Warm-up, saubere Technik und vermeide abrupte Richtungswechsel, wenn Du instabil fühlst.
Lutealphase
Nach dem Eisprung steigt Progesteron stark an. Es wirkt beruhigend auf das Nervensystem, erhöht aber auch die Körpertemperatur und macht körperliche Belastung anstrengender.
Empfohlen:
- Moderate Bewegung, z. B. Pilates, Schwimmen, Walking
Tipp: Fokussiere Dich auf Mobilität, Technik, Regeneration, mache längere Pausen, kürzere Einheiten und schaffe Zeit für gezielte Entspannung.
HINWEIS: Neben zyklusbasiertem Training spielt auch die Ernährung eine entscheidende Rolle, um Leistung und Wohlbefinden zu steigern. Zyklusbedingte Ernährung ist ein Ansatz, bei dem die Auswahl und Zusammensetzung der Lebensmittel an die hormonellen Veränderungen während der verschiedenen Phasen des Menstruationszyklus angepasst wird, um den Körper gezielt in seinem Energiehaushalt, Wohlbefinden und hormonellen Gleichgewicht zu unterstützen.
Vorteile: Die wichtigsten Vorteile des zyklusbasierten Trainings
Zyklusbasiertes Training ist ein Weg, mit dem eigenen Körper in Verbindung zu treten und individuelle Bedürfnisse ernst zu nehmen. Die Vorteile:
- Besseres Körperbewusstsein: Du lernst, mit Deinem Körper zu arbeiten statt gegen ihn.
- Nachhaltige Leistungssteigerung: Durch gezielte Belastung & Erholung in den passenden Phasen.
- Reduziertes Verletzungsrisiko: Du berücksichtigst hormonell bedingte Schwankungen in Beweglichkeit und Stabilität.
- Mehr Motivation & Wohlbefinden: Wenn Training sich stimmig anfühlt, bleibt man eher dran.
- Weniger Frust: Statt sich in „unproduktiven Tagen“ zu zwingen, schenkst Du Dir gezielt Erholung.
Studienlage – Zyklusbasiertes Training in der Forschung
Da es sich bei zyklusbasiertem Training noch um einen relativ neuen Trend handelt, gibt es derzeit noch nicht viele Studien zum Thema. Die vorhandenen Studien beziehen sich zudem noch hauptsächlich auf den Profisport, zeigen jedoch vielversprechende Tendenzen.
So zeigt eine Studie der Umeå Universität (2014), dass Frauen, die ihr Krafttraining gezielt in der ersten Zyklushälfte (Follikelphase) durchführten, deutlich mehr Muskelmasse aufbauten als jene, die gleichmäßig über den gesamten Zyklus hinweg trainierten.
Eine weitere Metaanalyse von Thompson et al. (2020) weist ebenfalls darauf hin, dass besonders in der späten Follikelphase und rund um den Eisprung die körperliche Leistungsfähigkeit bei vielen Frauen ihren Höhepunkt erreicht. Gleichzeitig wird betont, dass noch mehr hochwertige Studien notwendig sind, um klare Empfehlungen für zyklusbasiertes Training abzuleiten.
Fazit: Sport im Rhythmus mit Dir selbst
Zyklusbasiertes Training bedeutet, die natürlichen Schwankungen des Körpers nicht als Hindernis, sondern als wertvolle Orientierung zu begreifen. Statt pauschalen Trainingsplänen zu folgen, lernst Du, auf die Signale Deines Körpers zu hören.
Indem Du Deine Bewegungseinheiten an die jeweilige Zyklusphase anpasst, trainierst Du nicht nur effektiver, sondern schenkst Dir auch mehr Achtsamkeit, Selbstfürsorge und Respekt vor Deinem eigenen Rhythmus. Gute Phasen lassen sich gezielt und bewusst nutzen, während schwächere Phasen Raum für Regeneration und Rückzug bieten – und das ohne schlechtes Gewissen. So fällt es langfristig auch leichter, beim Sport motiviert zu bleiben.
Natürlich läuft auch in den „Power-Phasen“ nicht immer alles perfekt: Der Zyklus ist hoch individuell und nicht jede Empfindung lässt sich allein mit Hormonen erklären. Umso wichtiger ist es, Deinen Körper nicht zu bewerten, sondern ihn liebevoll zu beobachten.
Zeit für Dich – im Einklang mit Körper & Zyklus
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